Wenn Gärtner sesshaft bleiben müssen ….XXXII

Liebe Gartenfreunde,

da Reisen nach good old Great Britain erst mittelfristig wieder möglich sein werden (die England- u Schottlandtouren bis inkl Juli haben wir auf 2022 verschoben) muss ich meine Sehnsucht anderweitig stillen … und kann folgendes für alle, denen es genauso geht nur empfehlen: Abos für langjährige Fixzeitschriften, neue Gartenbücher lesen und auch sonst die Nase in „englische“ Bücher stecken. Aber der Reihe nach.

Viele Tipps für Ortschaften, Lokale und Läden finde ich seit Jahrzehnten (oh ja, bin ja seit meinen 20ern ein Englandfan) in Country Living. Die von uns besuchten Privatgärten entdecke ich entweder über Empfehlungen von Bekannten oder Reportagen in The English Garden und Gardens Illustrated. Der Einzelpreis der Hefte bei Morawa ist absurd, also habe ich vergangenen Herbst entsprechende Abos in England abgeschlossen. Preislich ok und bisher sind alle Exemplare unversehrt angekommen. Selbst im Brexitchaos vergangenen Jänner. Wer mich gut kennt weiß, dass ich die letzten Jahre mehr Koch- als Gartenbücher gekauft habe. Ok, davon habe ich schon eine Menge, gebe ich zu. Und selten sind sowohl die Texte informativ als auch die Bilder mitreißend. Aber in Ermangelung eigener Gartenbesuche wollte ich einfach wieder in grüne Welten eintauchen und mich entführen lassen, habe mich für folgende Bücher entschieden und deren Kauf nicht bereut:

„Die geheimen Gärten von Somerset“ von Abigail Willis: Auch wenn ich 95 % der Gärten schon kenne und eigene Fotos habe, das Buch verführt zur Gedankenreise. Und da meiner allererste Gartenreise in diese bei uns immer noch  weitgehend unbekannte und untouristische, aber gartentechnisch sehr interessante Grafschaft führte und Somerset seither ein fixer Bestandteil meines Programms ist, war das Buch ein Muss.

„Adventures in Eden“ von Carolyn Mullet: Die Amerikanerin stellt Privatgärten in UK, Irland und Teilen des europäischen Festlands vor. Den Text hätte ich mir informativer und persönlicher gewünscht, aber die Fotos verführen. Auch der Garten von Peter Janke wird vorgestellt. Das bringt mich zum 3. Buch.

„Mein Garten im Wandel“ von Peter Janke: Den Garten von Peter habe ich 2009 im Zuge einer Hollandrecherche zum 1. Mal besucht. Unseren Rückflug ab Düsseldorf haben wir fast verpasst, nachdem das Eis gebrochen war und wir nach einer unerwarteten Führung auch noch Kaffee von ihm bekamen. 2010 kam er dann als Vortragender zu meiner gemeinsam mit Bernd Hochwartner organisierten Gartenausstellung Flora Mirabilis. Einige Leser(innen) waren damals sicher dabei. Peter kombiniert sein immenses Pflanzenwissen mit tollem Geschmack, das zeigt sich in all seinen Werken. Sein neues Buch reiht sich passend ein.

„The Flower Yard“ von Arthur Parkinson: Arthur hat ua bei Sarah Raven (verheiratet mit dem Enkel von Vita Sackville-West) gelernt und hat das Fabriksgelände von Emma Bridgewater (alle die jemals mit auf Reisen waren kennen zumindest ihre Häferln) in ein blühendes Farbenmeer verwandelt. Nun ist sein 2. Buch erschienen, in dem er Tipps für´s topfbepflanzen gibt. Aber nicht irgendwelche Bepflanzungen! Das Buch ist informativ und auch optisch sehr ansprechend.

Seit meiner Kindheit lese ich gerne und viel. Ein gutes Buch ist mir zigmal lieber als dessen Verfilmung. Sehnsuchtsbedingt habe ich mir in den vergangen Monaten vermehrt Bücher mit englischen Handlungsverlauf gekauft. Einige sind mittlerweile in unserer Büchertauschtelefonzelle, andere kann ich sehr empfehlen:

„Middle England“ von Jonathan Coe: Er beschreibt Beziehungen & Entwicklungen innerhalb einer Durchschnittsfamilie zur Zeit des Brexit Referendums.  Foto fehlt, Buch ist bei einer Freundin.

„London Calling“ von Annette Dittert: Die ARD Korrespondentin beschreibt Erlebtes und ihre Empfindungen zwischen Referendum und 2020. Foto fehlt, Buch ist bei einer Freundin.

„The Salt Path“ von Raynor Winn: Raynor beschreibt wie sie und ihr Mann aus Schmerz und Angst vor der Zukunft zu einer Wanderung entlang des South-West Coastpath aufbrechen. In England ein Bestseller und alle die nur kleine Teile dieser Strecke gewandert sind, können ihre Beschreibungen 1:1 nachvollziehen.

„The Offing“ von Benjamin Myers: beschreibt die beginnende Freundschaft eines 16jährigen mit einer Exzentrikerin in Robin Hoods Bay kurz nach dem 2. Weltkrieg. Yorkshirefeeling pur.

„Dear Oxbridge“ von Nele Pollatschek: eine Liebeserklärung an England und seine Bewohner.

Und wer einen Buchtipp für mich hat – ja bitte!!!

Nicht nur Bücher führten mich zurück in meine 2. Heimat, auch der Vorschlag von Uschi Starchel, einer lieben Gartenreisebekannten. In einem Telefongespräch fragte sie ua „… kannst dich erinnern?“. Ja, ich konnte. Ich fand auch das Foto von ihr im Blütenblättermeer einer Magnolie. Das war 2009 während einer Cornwallreise. Und sobald ich damit angefangen hatte, konnte ich nicht mehr aufhören und habe hunderte Fotos überflogen. Auf der Suche nach besonderen Momenten, besonderen Begegnungen. Davon gab es einige während der letzten 17 Jahre. Begegnungen mit Menschen, die ich als Gartenbesitzer kennenlernte und die mir über die Jahre sehr ans Herz gewachsen sind. Begegnungen mit Menschen, bei denen ich mich wie zuhause gefühlt habe, die entzückende B&Bs führen oder führten. Um nur einige Erinnerungen zu nennen: Jill, meine 1. Landlady in Kent, die die ganze Gruppe zu Gin Tonic & small talk eingeladen hat, Richard, in dessen Küche wir alle bei strömenden Regen saßen, aßen und lachten und der dann in Wien für den Gartenclub einen Vortrag gehalten hat, Paul the Gardener & Lady Aird, Mary & Alan, die reizendsten B&B-Besitzer, die ihr Schmuckstück krankheitsbedingt aufgeben mussten, Jimi, mit seiner spürbaren Liebe zu Billy & Doris &, der unerwartete Gartenbesuch bei Lord Puttnam, Jean, die mit ihren 82 Jahren und in ihren roten Hosen immer noch jeden Tag den steilen Weg zu ihrem eigenen Strand zurück legte, um eine Runde zu schwimmen. Die neugierige Möwe, die mich während der letzten Cornwallreise jeden Morgen lauthals begrüßte, unser Sonnenuntergangspicknick am Holkham Beach und die Begeisterung von Bedda und Ruth.  Es sind so schöne Erinnerungen und ich könnte noch lange fortfahren…

Denn, und das ist die Kehrseite langer Freund- und Bekanntschaften, nicht alle sind noch gesund genug um weiterzumachen oder sind schon verstorben. Ich war schon wehmütig, als mir das beim Aussuchen bewusst wurde. Und ich bin sehr dankbar, dass ich diese liebenswerten Menschen kennenlernen durfte und die anderen irgendwann hoffentlich wiedersehe. Und auch dir Uschi, für deinen Impuls!

Und nun meine Frage: wer von euch trägt auch besondere Gartenreisemomente im Herzen? Ob mit oder ohne Fotos, auf eure besonderen Erinnerungen bin ich wirklich gespannt.

Auch wenn es das Schneegestöber vorm Fenster nicht vermuten lässt, der Frühling ist da! Und wie schon vergangenes Jahr nehme ich die täglichen Veränderungen der Natur sehr bewusst wahr. Unsere Welt wird von Tag zu Tag bunter, bis sie in 2-3 Wochen zu einem ruhigen, grünen Umfeld wird. Zum Abschluss einige Bilder unserer Morgenspaziergänge. Und ja, Wien ist im Frühling wirklich schön 😉

Genießen wir also die kommenden Wochen bestmöglich, verweilen wir optimistisch im zigsten lockdown und sind wir dankbar, dass wir unser Grün haben!

Herzliche Grüße, Petra