Wenn Gärtner auf das Jahr 2022 zurück blicken…. XXXIX

Liebe Gartenfreunde,

heute ist der 29. September. Die Blätter meiner Felsenbirne verfärben sind unerwartet früh. Es scheint mir ein Zeichen für die vergangen 6 Monate, sie sind allzu schnell verflogen. Die Reisen wurden von mir & den Teilnehmern sehnsüchtig erwartet und haben unsere Erwartungen vollauf erfüllt. Die organisatorischen Herausforderungen aufgrund diverser Covid-Erschwernisse behalte ich stillschweigend für mich.

Meine Überlegungen im Frühling, wie sich die Folgen des Brexit bei der Einreise ins Königreich und für die Touren zeigen, waren vollkommen unbegründet. Bei der Einreise war alles wie auch früher (einzig Personalausweise werden nicht mehr akzeptiert, jeder braucht einen Pass), in wenigen Gegenden war es ruhiger als sonst, in anderen wiederum recht trubelig. Es war auf jeden Fall ein sehr abwechslungsreiches Jahr, in jeglicher Hinsicht. Wir hatten einige kühle, regnerische Tage im Mai, ungewöhnliche Hitze im August, haben die fröhlich feiernden Briten anlässlich der Jubiläumsfeierlichkeiten im Mai und eine trauernde Gesellschaft nach dem Tod der Queen im September miterlebt. Welch ein Jahr für Großbritannien!

Über die Touren bis Juli habe ich schon berichtet, über letzten 4 Reisen dieses Jahr gibt´s hier einen kleinen Überblick. Die Somerset-Reise Anfang August bleibt allen Teilnehmern aus mehreren Gründen in Erinnerung, vor allem aber wahrscheinlich wegen der ungewöhnlichen Hitzetage. Der Großteil der Gärten und die Wiesen haben sich goldfarben präsentiert, jene, die keinen Sonnenhut mithatten, haben sich einen zugelegt und abends genossen wir das lange Draußensitzen beim Italiener mit Blick auf die Kathedrale. Interessant war auch der Zugang der einzelnen Gärtner zu diesen ungewöhnlichen Wetterkapriolen. Christina Alder hat ihre Empfindungen diesbzgl sehr passend formuliert: „Eindrücklich waren für mich die verschiedenen Begegnungen mit den Gartenbesitzern und wie sie ganz unterschiedlich mit den Herausforderungen in diesem Sommer umgegangen sind: der eine Obergärtner, der die Trockenheit zum Anlass nimmt, mehr über trockenheitstaugliche Pflanzen zu lernen und deren vielleicht bescheidene Schönheit zu schätzen; die eine Besitzerin, die vor allem auf die Lücken im Garten aufmerksam macht und so unseren Blick von dem was trotzdem gewachsen ist, wegholt; der Besitzer, der das Eschensterben zu einem Forschungsprojekt macht auf der Suche nach geeigneten Bäumen und dessen goldene Trockenwiese einfach nur schön war und mit dem Wissen, dass darin im Frühjahr 30 wilde Orchideenarten blühen unsere Neugier geweckt hat und die Besitzerin, die dank einer eigenen Quelle geschafft hat, den Garten so wie immer ausschauen zu lassen“.

In der darauffolgenden Woche in den Cotswolds reduzierten sich die Temperaturen wieder auf für England typisches Sommerwetter, in manchen Nächten regnete es sogar. Welch Aufatmen der Natur! In Vickys Garten war von der längeren Trockenheit überhaupt wenig zu sehen. Zum einen, weil die Gräser & ihre gewählten Spätsommerstauden generell gut mit wenig Wasser auskommen, zum anderen, weil andere Bereiche mit Wasser aus dem durch den Garten fließenden Bach verwöhnt wurden. Auch sonst haben die Cotswolds ihren eigenen Charme spielen lassen und die Gruppe begeistert. Dieser romantischen Gegend kann sich kaum jemand entziehen. In Kiftsgate gab es einen für mich neuen Gartenteil, der mir überhaupt nicht gefallen hat. Die abgesenkte, zweifärbige Kiesfläche hat mich an einen Hubschrauberlandeplatz erinnert.  Leider haben wir niemanden gefunden, der uns die Idee dahinter erklären konnte. Erschlossen hat sie sich für uns nicht. Auch dass ein kleiner Bereich mit Plastikrasen verlegt war hat mich ganz und gar nicht begeistert. Es wird wohl einige Jahre dauern, bis wir diesen Garten wieder besuchen 😉

Anfang September ging es dann nach Norfolk. Erstmals haben wir nicht in Wells next the Sea sondern in Sheringham, einer etwas verschlafenen Kleinstadt ebenfalls an der Küste gewohnt. Nicht so schick wie Wells hält sich hier die Zahl der Zweithäuser in Grenzen, es gab genügend gemütliche Lokale mit guter Küche und die Morgenspaziergänge am Meer gehören für mich in Norfolk immer zum Programm. Die Gärten und die Natur zeigten sich wieder in frischem Grün und die Farbenpracht war beeindruckend. Als wir am Abend des 8.9. im kleinen Theater eine Live-Übertragung aus dem National Theater besuchten haben wir vom Tod der Queen erfahren. Schon am Heimweg wehten Flaggen auf Halbmast, die kommenden Tage gab es keine anderen Nachrichten mehr. Auch für mich war es erstaunlich, wie betroffen die Engländer waren. So endete diese Reise mit leichter Wehmut, eine 70jährige Ära ging zu Ende.

Gleich anschließend ging es nach Nordwales. Auch dort standen Fotos der Queen in einigen Pubs und Restaurants, die Stimmung in der Bevölkerung allerdings war nicht so bedrückt. Für mich gehören ja beide Gegenden zu meinen Lieblingszielen, Norfolk ganz flach mit weitem Himmel, Nordwales wild und rau. Was war das für ein schöner Kontrast. Erstmals fand die Reise ja als Garten-Wanderreise statt und wir hatten wieder einmal Glück. Nur bei unserem Küstenspaziergang wurden wir nass, alle anderen Programmpunkte konnten wir trocken genießen. Ich mag diese Kombination aus Bewegung in der Natur und den Erkundungen der Gärten. Neben Cornwall und Devon wird auch diese Variante ins Repertoire aufgenommen! Bezaubernd war auch unser Besuch in Plas Brondanw, den Garten hatten wir anfangs in seiner morgendlichen Pracht ganz für uns allein.

Schön war´s, das Gartenreisejahr 2022 … schauen wir mal, was das nächste bringt!!!

Allen wünsche ich einen sonnigen & herzerwärmenden Herbst,

ganz liebe Grüße, Petra