Wenn Gärtner reisen…XVIII
Liebe Gartenfreunde, es ist heiß, richtig heiß, mir jedenfalls viel zu heiß, um endlich die im Garten längst nötigen Tätigkeiten zu erledigen. Aber vielleicht, hoffentlich, ist es Girsch & Winden ebenfalls zu tropisch, um voller Tatendrang weiter zu wuchern. Die Stauden sind heuer so üppig wie schon lange nicht, der viele Regen im Mai hat die Pflanzen explodieren lassen und sie bieten den beiden Schmarotzern nun durchaus Paroli. Also lehne ich mich am späten Nachmittag im Schatten zurück und schreibe endlich wieder einen Newsletter.
Zeit wird´s und eigentlich sollte er schon längst in Blog-Form erscheinen, aber ich habe noch keine Zeit gefunden, mich in dessen technische Details zu vertiefen. Deshalb jetzt letztmals in alter Weise. Die letzten Monate sind im Nu verflogen. Liegt es wirklich am Alter, dass die Zeit scheint´s immer schneller durch unsere Finger läuft? Dabei kann ich von Alltagstrott ja wirklich nicht sprechen. Immer wieder entdecke ich neue Gegenden oder Neues in liebgewonnen Ecken.
Anfang März war ich 2 Wochen in Suffolk, auf der Suche nach neuen Gartenreise-Unterkünften für die kommenden Jahre. Zwei der von mir seit Jahren gebuchten B&Bs sind nicht mehr verfügbar. Die Besitzer haben überraschend beschlossen aufzuhören. Während dieser Recherche habe ich Suffolk von einer weiteren Seite kennengelernt und mich in diese Grafschaft verliebt. Hals über Kopf, einfach, weil die Tage so anregend und dennoch entspannt verlaufen sind. Ich viel Neues im Landesinneren entdeckt habe und endlich auch Zeit hatte, die Strände in vollen Zügen zu genießen. Seit März steht Suffolk im Herzen nun Seite an Seite mit Norfolk, einer weiteren Lieblingsgrafschaft. Diese liegt zwar gleich anschließend, ist dennoch grundverschieden. Dazu mehr dann im Herbst.
Mein Feriencottage steht am Rande von Southwold, vom Balkon konnte ich das Meer sehen. Und morgens die Sonne vom Strand aus begrüßen. Die Kleinstadt ist entzückend: liebevoll eingerichtete pastellfarbene Strandhütten, pittoreske Häuser, eine Menge sehr gemütlicher Lokale und netter Läden. Und nach Walberswick war es nur ein halbstündiger Spaziergang. Dieses kleine Dorf direkt am langen, wilden Strand zieht seit Jahrzehnten Künstler an: Der Maler und Architekt Charles Rennie Macintosh lebte dort ab 1914. Sigmund Freuds Tochter Anna hatte dort seit dem 2. Weltkrieg ein Ferienhaus, nun lebt Esther Freud einige Monate im Jahr mit ihrer Familie dort. Ebenso Richard Curtis, der Drehbuchautor von „Tatsächlich Liebe“, „ 4 Hochzeiten und ein Todesfalls“ etc. Der Berühmtheitsfaktor zeigt sich nur anhand der Immobilienpreise, der Ort selbst ist ohne Chichi.
Ich wiederhole mich, möchte aber dennoch jedem Englandliebhaber ans Herz legen, auch außerhalb der typischen Urlaubszeit auf die Insel zu reisen. Von Oktober bis März können zwar nur wenige Gärten besucht werden, aber die Orte gehören wieder den Einheimischen, die Strände sind fast leer und der wahre Charakter der jeweiligen Gegend kommt wunderbar zum Vorschein.
Ende April ging es dann nach Cornwall. Das kühle Wetter ließ die Blüten von Rhododendren, Magnolien und Kirschen lange blühen, Bluebells färbten viele Wiesen blau. Ich habe ein neues B&B ausprobiert, die jungen, sehr sympathischen Besitzer haben den Test mit Bravour bestanden. Deren Tipp, montags dem Männerchor des Dorfes zuzuhören – zuerst proben sie in einer Kirche, weiter geht´s dann in einem 300 Jahre alten Pub – folgten wir natürlich. Und hatten jede Menge Spaß. Ab diesem Abend kannten wir die halbe Einwohnerschar, die anderen lernten wir am darauf folgenden Abend kennen. Zufällig sind wir in einem Lokal gelandet, in dem das wöchentliche Quiz stattfand. Und wurden prompt aufgefordert mitzumachen. Obwohl uns zu manchen Fragen so gar nichts einfiel, haben wir uns wacker geschlagen, hatten eine Menge Spaß & waren nun dorfbekannt.
Die Cotswolds zeigten sich diesen Juni leider von ihrer feuchtkühlen Seite. Kaum zu glauben, dass gleichzeitig in Wien Hitzetemperaturen gemessen wurden. Aber alles hat auch Vorteile: der bedeckte Himmel ließ die Blütenfarben leuchten. In den öffentlichen Gärten waren nur wenige sonstige Besucher unterwegs. Und während unseres morgendlichen Besuchs von Miserden Gardens hielt uns die mystische, nebelverhangene Stimmung gefangen. Als wir wieder losfuhren schien fast die Sonne und wir alle trauerten dieser entrückten Atmosphäre nach.
Hier noch 2 Tipps, für alle, die in den nächsten Tagen nach London fahren: die Kunst- und Antiquitätenmesse Masterpiece London findet vom 27. Juni – 3. Juli statt, www.masterpiecefair.com
Arbeiten von Christian Dior werden noch bis 1. September im Victoria & Albert Museum gezeigt, www.vam.ac.uk
Rezept
Morgen kommen Freunde zum Abendessen, die Küche bleibt kalt, unter anderem gibt´s diesen simplen aber genialen Salat von Ottolenghi:
Melonen-Feta-Chorizo-Salat – Menge nach Bedarf
gute, fettarme Chorizo
Wassermelone
Schafskäse
Zitronensaft
Olivenöl
frische Minze, Salz & Pfeffer
Chorizo in ohne Fett in der Pfanne ausbraten. Abkühlen lassen. Wassermelone auslösen u in kleine Stücke schneiden. Auf einer Platte mit zerbröckeltem Schafskäse und den Chorizoscheiben anrichten. Salzen, pfeffern und Zitronensaft darüber vertreilen. Mit frischen Minzblättern bestreuen. Bis kurz vorm Servieren kühl halten. ENJOY.
Nun möchte ich nur noch allen entspannte Sommertage & genüßlich verbrachte Sommerabende wünschen!